Wieso Buy Now, Pay Later im B2B anders ist
Buy Now, Pay Later (BNPL) hat sich in den letzten Jahren zu einem großen Trend auf der Verbraucherseite entwickelt. Auch im Business-to-Business (B2B)-Bereich ist die Bezahlmethode auf dem Vormarsch. Auf den ersten Blick sehen beide Konzepte gleich aus, doch bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass der Rechnungskauf für Unternehmen deutlich mehr Voraussetzungen erfüllen muss, um das gleiche Einkaufserlebnis zu ermöglichen wie beim Privatshopping. Wir haben unseren Mitgründer Christian Grobe gefragt, was die Hauptunterschiede sind und was Unternehmen beachten sollten, wenn sie ihrer Geschäftskundschaft Buy Now, Pay Later anbieten möchten.
Im B2C-Bereich ist Buy Now, Pay Later eine der beliebtesten Zahlungsoptionen. Als Verbraucher:innen sind wir es gewohnt, frei zu wählen, wie wir bezahlen. Wie sieht es im B2B-Bereich aus?
Unternehmen nutzen für ihren Einkauf seit Jahrzehnten bevorzugt den Kauf auf Rechnung, da es gängige Praxis ist, so die Liquidität zu optimieren. Gleichzeitig wird auch im B2B immer mehr online eingekauft. Fakt ist aber, dass Kauf auf Rechnung oder “Buy Now, Pay Later” nicht in jedem Onlineshop zur Verfügung steht. In diesem Fall müssen gewerbliche Einkäufer:innen große Bestellungen im Voraus bezahlen. Wir haben das während der Pandemie selbst erlebt, als wir Schnelltests für unser Büro geordert haben und die Ware im Voraus bezahlen mussten. Solche Transaktionen können sich schnell auf Tausende Euro belaufen. Zusätzlich wissen Sie nicht, ob die Ware, die vom anderen Ende der Welt geliefert wird, zufriedenstellend ist. Abgesehen von der schlechten Customer Experience, kann das auch die Liquidität eines Unternehmens erheblich belasten.
Auch wenn Ihnen als Business-Kund:in ein Rechnungskauf angeboten wird, ist dieser Prozess höchstwahrscheinlich mit viel Papierkram und langen Wartezeiten verbunden. Warenkörbe sind im B2B-Handel tendenziell fünfmal höher als im B2C, was wiederum deutlich höhere Kreditlimits auf Händlerseite erfordert. Die manuellen Prozesse zur Einrichtung von B2B BNPL sind zeitintensiv, und oft muss das Kreditlimit per E-Mail oder Telefon beantragt werden. Darüber hinaus müssen Unternehmenskund:innen Identitäts- und Bonitätsnachweise erbringen, sodass die gesamte Risikoprüfung bis zu einer Woche dauern kann.
Apropos „Identitätsnachweis“ – vor welchen Herausforderungen stehen Online-Händler beim Rechnungskauf und Betrug?
Identitätsbetrug ist eine der größten Hürden im B2B BNPL. Er macht beim Kauf auf Rechnung 80% der gemeldeten Verluste aus. Das größte Risiko besteht bei Neukund:innen oder beim ‘Einkaufen als Gast’. Wie stellen Sie als Anbieter sicher, dass das Kleinunternehmen, das den Auftrag tätigt, tatsächlich existiert? Wie überprüfen Sie, ob die Person, die die Bestellung aufgibt, eine echte Person ist? Und ob sie tatsächlich im Unternehmen arbeitet und berechtigt ist, Online-Bestellungen in dessen Namen aufzugeben? Die Liste der Kriterien, die Sie prüfen müssen, um Geschäftskund:innen zu finanzieren, ist umfangreich und birgt viele Risiken. Die Identitäts- und Bonitätsprüfung einer Privatperson im B2C-E-Commerce ist da relativ einfach.
Studien haben gezeigt, dass Geschäftskund:innen beim Online-Shopping die gleichen Ansprüche haben wie beim privaten Einkauf. Was muss eine B2B-Buy-Now-Pay-Later-Lösung leisten, um diese Bedürfnisse zu befriedigen und den gleichen Komfort zu bieten?
Eine BNPL-Lösung für den B2B-E-Commerce muss einige Anforderungen berücksichtigen, um das gleiche Maß an Flexibilität bieten zu können wie BNPL für Privatkunden. Ein wichtiger Aspekt sind die Zahlungsbedingungen. Unternehmen haben häufig andere Zahlungsziele bei ihren Lieferanten als mit ihrer eigenen Kundschaft, was bedeutet, dass sie ihren Cashflow optimieren müssen. Je nach den individuellen Anforderungen in ihrer Lieferkette sind einige gewerbliche Einkäufer:innen mit Zahlungszielen von 14 Tagen zufrieden, während andere möglicherweise 90 Tage benötigen. Einheitliche Zahlungsfristen von 30 Tagen, wie sie im B2C-E-Commerce üblich sind, entsprechen nicht den Bedürfnissen dieser Kundengruppe.Wenn Sie ein wirklich reibungsloses Einkaufserlebnis ermöglichen möchten, müssen Sie Ihren geschäftlichen Käufer:innen individuelle Zahlungsbedingungen anbieten.
Ein weiterer zentraler Aspekt ist Echtzeit-Scoring. Im Privaten sind wir es längst gewohnt, dass eine BNPL-Anfrage online direkt verarbeitet wird. Im B2B ist die Einrichtung wie beschrieben zeitaufwändig und umfasst mehrere manuelle Schritte. Im Idealfall sollten auch Geschäftskund:innen in Millisekunden und ohne aktives Zutun für die bevorzugte Zahlungsoption freigeschaltet werden – egal ob Neu- oder Bestandskund:in.
Wir haben Zahlungsbedingungen und Echtzeit-Scoring besprochen. Was sind deiner Meinung nach weitere Faktoren, die Händler berücksichtigen müssen, wenn sie ihren Geschäftskund:innen BNPL anbieten möchten?
Händler sollten versuchen, mindestens 80% der Rechnungskauf-Anfragen ihrer gewerblichen Kundschaft zu genehmigen. Dies setzt natürlich voraus, dass die Person, die den Einkauf tätigt, identifiziert werden kann, um Betrug zu verhindern. Und es erfordert eine zuverlässige Prüfung der Kreditwürdigkeit, die alle 60 Tage wiederholt werden muss. Im dritten Schritt muss sichergestellt werden, dass das gewährte Kreditlimit ausreicht, um den Einkaufsbedarf von B2B-Kunden zu decken – was in der Praxis Warenkörbe von bis zu 100.000 Euro bedeuten kann. Zudem sollte die Annahmequote nicht davon abhängen, ob es sich um ein klassisches Unternehmen, eine:n Freiberufler:in, einen Verein oder eine öffentliche Einrichtung handelt. Es sollte also unabhängig von der Rechtsform entschieden werden können.
All das erfordert eine hohe technische Skalierbarkeit, um auch bei großen Bestellaufkommen – die sich jeder Händler wünscht – eine reibungslose Funktionalität zu gewährleisten. Je mehr Bestellungen gleichzeitig im Checkout verarbeitet werden, desto effektiver muss der Umgang mit großen Datenmengen und Entscheidungsalgorithmen zur Bonitätsprüfung und Betrugsprävention sein. Das Letzte, was Sie wollen, ist ein „ruckelnder“ Checkout und Kaufabbrüche frustrierter Kund:innen.
Last but not least: Kaufen oder selber bauen? Wann sollten Händler zu einer in-house Lösung greifen und wann ist es sinnvoll, einen externen BNPL-Anbieter für ihren Checkout zu verwenden?
Als Faustregel würde ich sagen, dass Händler sich an eine Inhouse-Lösung wagen können, wenn sie weniger als 100 aktive Kund:innen haben, von denen fast alle Bestandskund:innen sind, die jeden Monat fünfstellige Beträge umsetzen. Eine eigene Lösung kann auch dann funktionieren, wenn die Kund:innen sehr ähnliche Zahlungswünsche haben und Ihre Versicherung deren gewünschte Kreditlimite zuverlässig abdecken kann oder Sie deren Bonität zweifelsfrei über einen langen Zeitraum sicherstellen können. Dann sollten Sie mit einer eigenen Lösung auf der sicheren Seite sein.
Für alle anderen Fälle würde ich empfehlen, einen Spezialisten für B2B BNPL hinzuzuziehen. Auf diese Weise können Sie sicherstellen, dass Ihre Geschäftskunden das gleiche Kauferlebnis haben, das sie als Verbraucher gewohnt sind, und gleichzeitig Ihren Umsatz steigern, ohne das Zahlungsausfallrisiko tragen zu müssen.